Völkerrechtliche Körperschaft

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Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften können kraft Artikel 140 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland Körperschaften des öffentlichen Rechts sein, sofern sie „grundgesetzloyal und auf Dauer und Repräsentanz angelegt sind“.[1] Begründet wurde dieser Sonderstatus im sogenannten Weimarer Kirchenkompromiss von 1919, den das Grundgesetz als Verfassungsrecht übernommen hat. Art. 137 der Weimarer Verfassung (WRV) bestimmt die Trennung von Staat und Kirche. Religiösen Gemeinschaften wurde unter gewissen Voraussetzungen der Status einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft zugebilligt; sie können also den Status einer Körperschaft öffentlichen Rechts erhalten. In Art. 137 Abs. 5 WRV heißt es: „Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten.“ Eine Aussage zur Idee dieser Normen: Der Staat „begünstigt Religionsgemeinschaften, denen er unter bestimmten Voraussetzungen Körperschaftsrechte verleiht, und kooperiert mit ihnen. Sie unterstützen ihrerseits den Staat im Sinne der Bildung und Erhaltung eines Wertekanons, indem sie friedens-, rechts- und wertefördernd auftreten und ihrerseits das staatliche Gewalt- und Strafmonopol anerkennen. Diese Kooperation zwischen Staat und Religionsgemeinschaften äußert sich etwa in der Steuerbefreiung von Spenden, dem Erteilen von Religionsunterricht oder speziellen Regelungen im Arbeits- und Sozialrecht.“[2] Der Staat darf im Gegenzug „von den Religionsgemeinschaften die Akzeptanz der anders- und nichtgläubigen Staatsbürger sowie einer säkular geprägten Gesetzgebung erwarten“.[3]

 

Völkerrechtliche Körperschaften des öffentlichen Rechts: Internationale Organisationen aufgrund des Vertragsgesetzes, das den Gründungsvertrag einer Organisation innerstaatlich in Kraft setzt, oder aufgrund einer Verordnung, die einen entsprechenden Status an Organisationen verleiht, an denen die Bundesrepublik nicht als Mitglied beteiligt ist.

 

Staatskirchenrechtliche Körperschaften des öffentlichen Rechts: Kirchen, Religions-, denen der Status einer öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaft nach Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 WRV verliehen wurde. Zwar betrachtet das Grundgesetz auch die Religionsausübung in gewisser Weise als förderungswürdige „öffentliche Aufgabe“ (vgl. Religionsunterricht). Wegen der Pflicht zur weltanschaulichen Neutralität ist es dem Staat aber gerade nicht erlaubt, die Religionsgemeinschaften als Teil der Verwaltung zu führen. Infolgedessen sind die Religionsgemeinschaften, die die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts besitzen, nicht nur organisatorisch aus dem Staat ausgelagert, sondern sind gerade kein Teil der öffentlichen Gewalt, folglich nicht grundrechtsverpflichtet, sondern wie private Vereinigungen grundrechtsberechtigt. Erst recht ist dem Staat eine Rechtsaufsicht verwehrt (vgl. Korrelatentheorie). Der öffentlich-rechtliche Status dient hier lediglich dazu, die aus früheren Zeiten überkommenen Formen fortführen zu können (Pfarr- und Beamtenverhältnisse, Kirchensteuer) und die religiöse Vereinigungsfreiheit umzusetzen. Mit dem öffentlich-rechtlichen Status verbindet auch das einfache Recht Vorteile, die als Privilegienbündel bezeichnet werden. Körperschaften des öffentlichen Rechts in diesem speziellen Sinne sind die Evangelische Kirche in Deutschland und ihre Gliedkirchen (Landeskirchen) sowie teilweise einzelne Gemeinden (bspw. in der Bremischen Evangelischen Kirche), die Bistümer der Römisch-katholischen Kirche in Deutschland, aber auch eine Vielzahl kleinerer Religionsgemeinschaften wie zum Beispiel die Alt-Katholische Kirche in Deutschland, zahlreiche evangelische Freikirchen, die Christengemeinschaft, die Neuapostolische Kirche, die Zeugen Jehovas, die Ahmadiyya Muslim Jamaat, die Israelitischen Kultusgemeinden, die Christian Science, die Bahai, aber auch Weltanschauungsgemeinschaften wie einige Landesverbände des Humanistischen Verbands Deutschland oder der Bund für Geistesfreiheit Bayern usw., ihre Zusammenschlüsse und nach Maßgabe des Staatskirchenrechts auch ihre Gliederungen (z. B. Kirchengemeinden, Kirchenbezirke usw.).

 

 

Internationale Organisation (Völkerrecht)

Eine Internationale Organisation[1] oder zwischenstaatliche Organisation (englisch intergovernmental organization, IGO) im völkerrechtlichen Sinne ist ein Zusammenschluss von mindestens zwei Staaten oder anderen Völkerrechtssubjekten, der auf Dauer angelegt ist, sich in der Regel über nationale Grenzen hinweg betätigt und überstaatliche Aufgaben erfüllt. Wesentliches Merkmal einer solchen Organisation ist, dass sie mindestens ein Organ hat, durch das sie handelt. Im Jahr 2006 waren weltweit etwa 38.000 Organisationen tätig, jährlich kommen ca. 1.200 neue hinzu.[2] Prominente Beispiele sind die Vereinten Nationen und die Europäische Union.

Von den internationalen bzw. zwischenstaatlichen Organisationen im Sinne des Völkerrechts sind die internationalen Nichtregierungsorganisationen (INGO) abzugrenzen, die in den Sozialwissenschaften ebenfalls als Internationale Organisationen bezeichnet werden. Im Unterschied zu den IGOs besteht hier nur ein Zusammenschluss nationaler Vereine, nicht von Staaten.

 

Das Konzept der Internationalen Organisationen in ihrer heutigen Gestalt hat sich insbesondere nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges entwickelt. Mit dem rasanten zivilisatorischen Fortschritt in den Folgejahren stieg das zwingende Bedürfnis der Staaten zu einer immer engeren und komplexeren Zusammenarbeit auf nahezu allen Gebieten menschlichen Wirkens. Internationale Organisationen übernehmen hierbei fundamentale und vielfältige Aufgaben.

Die Anfänge dieser Zusammenarbeit reichen bis auf den Wiener Kongress von 1815 zurück. Die restaurativen Bestrebungen der teilnehmenden Staaten fanden ihren Ausdruck auch und insbesondere in der Erkenntnis, gemeinsame Interessen nur durch gemeinsames Handeln effizient durchsetzen zu können. Eines der bedeutendsten Ergebnisse des Kongresses in dieser Hinsicht war die Gründung der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt, die – wenn auch mit mehrfacher Änderung ihrer Rechtsgrundlage – bis heute arbeitet. Sie ist damit nicht nur die erste,[3] sondern auch die älteste[4] Internationale Organisation der Geschichte.

Eine erste Blütezeit erfuhren Internationale Organisationen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch die Gründung zahlreicher Verwaltungsunionen.[5] Zu den bedeutendsten dieser sog. Internationalen Ämter zählen die Internationale Fernmeldeunion von 1865 und der Weltpostverein von 1874. Auch diese beiden Organisationen existieren bis heute weitgehend unverändert fort.

Bis zum Ersten Weltkrieg beschränkten sich die Internationalen Organisationen in der Regel auf eine Überwachung der vertraglichen Verpflichtungen ihrer Mitgliedstaaten sowie eine Koordination der Zusammenarbeit der jeweiligen nationalen Verwaltungen. Mit dem 1919 gegründeten Völkerbund gingen die Staaten einen entscheidenden Schritt weiter, indem sie eine Organisation schufen, die über Zuständigkeiten verfügte, die weit umfassender waren als bei jeder anderen damaligen Einrichtung. Diese beschränkten sich nicht auf schlichte Verwaltungsaufgaben der Staaten, sondern beinhalteten insbesondere Mechanismen zur Friedenssicherung und Konfliktlösung. Auch wenn diese Mechanismen nach heutigen Maßstäben vergleichsweise schwach ausgeprägt waren und auch schon damals Organisationen existierten, die sich mit Einzelaspekten der Friedenssicherung beschäftigten – wie zum Beispiel der Ständige Schiedshof (PCA) von 1899 –, so war die Kumulation der Zuständigkeiten in einer einzigen Organisation ein Novum.

Die 1945 gegründeten Vereinten Nationen (UN) setzten den Gedanken des Völkerbunds fort. Ihre Gründungsstaaten vertraten den Anspruch, den Schwächen des Völkerbunds in Struktur und Befugnissen – die nach vielfach geäußerter Sicht nicht geeignet waren, den Zweiten Weltkrieg zu verhindern – Rechnung getragen zu haben. Ob diese Einschätzung zutrifft, wird sich wohl kaum jemals abschließend beurteilen lassen. Heute stellen die Vereinten Nationen den Prototyp einer jeden Internationalen Organisation dar.

Internationale Organisation (Völkerrecht)